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Was würdest du tun, wenn du keine Angst hättest?

Diese Frage habe ich 2010 auf einem Workshop zum ersten Mal gehört und seitdem stelle ich mir diese Frage immer wieder. Eine simple Frage und doch kann und hat sie bei mir so viel ausgelöst. Ich habe damals den Mut gefasst und habe vor den ca. 90 Teilnehmerinnen etwas Persönliches mitgeteilt. Ich, die früher so viel Angst hatte, vor anderen zu reden, die sich deshalb in der Schule wenig gemeldet hat und Referate halten am liebsten gemieden hätte, stand plötzlich auf und teilte sich mit. Das war wie eine innere Befreiung für mich und führte zum Loslassen von einigen Glaubenssätzen, die ich von mir hatte. Seitdem hat sich viel in meinem Leben verändert. Mittlerweile stehe ich gern vor anderen, unterrichte sogar und teile mich regelmäßig mit. Mein Selbstbild hat sich dadurch stark verändert.

Für mich hat eine einzige Frage einen inneren Prozess in Gang gesetzt, den ich niemals für möglich gehalten hätte.

Wie kann man solch einen Kreislauf durchbrechen?

Als erstes sollte man sich bewusst machen, wovor man überhaupt Angst hat. Anfangs wird das nicht in der Situation selbst möglich sein, weil einem gar nicht bewusst ist, was gerade passiert. Aber im Nachhinein kann man sich seine Ängste durch Reflektion bewusst machen.

Die folgenden Fragen können dabei eine Hilfestellung sein:

  • Wovor habe ich Angst?
  • Wo im Körper kann ich das wahrnehmen?
  • Was denke ich darüber?

Der zweite Schritt ist dann sich zu fragen, was man tun würde, wenn man keine Angst hätte, und wie man sie überwinden kann.

Auf diese Fragen wird man oftmals nicht gleich eine Antwort parat haben. Es reicht, dass man sich diese Fragen erst einmal stellt. Ich bin davon überzeugt, dass sich dadurch automatisch ein innerer Prozess in Gang setzt.

Um sich seinen Ängsten zu stellen, kann man zuallererst einfach einmal etwas anders machen. Wie fühlt es sich zum Beispiel an, neue Wege zu gehen? Vielleicht die Wäsche nicht gleich wegräumen oder den Toilettendeckel geöffnet lassen oder eben genau anders herum und nachspüren, wie es sich in einem anfühlt und welche Gedanken hochkommen. Das mag sich vielleicht für den ein oder anderen banal anhören, aber die kleinen Veränderungen sollten niemals unterschätzt werden. Kleine Schritte ermöglichen einem erst den Weg, um große folgen zu lassen. Dafür benötigt man in vielen Situationen sehr viel Mut, um alte Verhaltensmuster loszulassen und sich den eigenen Ängsten zu stellen. Je mehr man die eigenen Ängste wahrnimmt, desto weniger bedrohlich wirken sie. Denn schließlich ist die Angst nur ein Gefühl. Aber irgendwie scheinen wir sie häufig zu fürchten und vermenschlichen sie daher. Dadurch steigt die eigene Angst vor der Angst. Die Angst wirkt dann wie ein trickreicher Täter, der das Denken und Handeln unbewusst stark beeinflusst. Aber wo es Täter gibt, da gibt es immer auch mindestens ein Opfer. Wenn die Angst ein Täter in einem selbst ist, der einen oftmals daran hindert, seinem Herzen zu folgen und Träume zu verwirklichen, dann ist man im Umkehrschluss auch das eigene Opfer. Ich weiß, dass einem die eigenen Gedanken oftmals plausible Szenarios aufzeigen, aber diese Gedanken entsprechen nur selten der Wirklichkeit. Sie beruhen meist auf alten Erfahrungen und daraus resultierenden zukunftsorientierten Fantasien.

Ist man aber mutig und stellt sich seinen Ängsten, wird man oftmals überrascht sein, dass die Realität ganz anders aussieht, als man sie sich ausgemalt hat. Die Angst selbst ist weder falsch noch schlimm. Das Gefühl der Angst ist eigentlich eine natürliche Schutzreaktion. Es ist ein Gefühl, das uns vor Gefahren schützen soll. Leider haben viele von uns eine natürliche Balance zu diesem Gefühl verloren und so riskieren wir entweder regelmäßig zu viel und setzen damit unsere Gesundheit aufs Spiel oder wir halten uns ständig zurück, weil wir Angst vor möglichen Konsequenzen haben. Die Angst ist ein Gefühl und wird immer ein Teil unseres Lebens sein. Was sich aber verändern kann, wenn wir uns unsere Ängste bewusst machen, ist der Umgang mit ihr. Stellt man sich seinen Ängsten, dann ist man auf dem besten Weg, ein bewussteres, verantwortungsvolleres Leben zu führen und die eigenen Träume zu leben.

Und was würdest du tun, wenn du keine Angst hättest?